Es hat lange gedauert, die Unsicherheiten waren groß, die Sorgen existentiell – und doch: der Tarifvertrag steht.
Die Besonderheit der Lage erforderte Zugeständnisse, und wer gehofft hatte, es gäbe schon wieder irgendein gewohntes Ergebnis wie im öffentlichen Dienst sonst auch immer, der lag falsch.
Das Problem ist systemischer Natur – wir sitzen in einer Mühle, der die Pandemie nahezu komplett das Wasser abgegraben hat. Da klappert nix mehr am Bach. Und ein Müller, der nicht mahlen kann, kann auch seine Gesellen nicht ewig aus der Substanz bezahlen.
Flughäfen sind auf Geldflüsse angewiesen, welche ausschließlich auf zwei Wegen in das System hineinfließen – Luftverkehr und Mieten. Diese Geldströme teilen sich auf, unter anderem auch in Löhne und Gehälter. Dieses System hat eine hineinliberalisierte Schwachstelle: Wenn der Zufluß austrocknet, ist nichts mehr zum Verteilen da.
Gebühren und Entgelte decken im Luftverkehr meist gerade so die Kosten. Aber die Flugzeuge bringen die wahre Cash-Cow – Millionen von Passagieren. Passagiere, die alle ein-, um- und wieder aussteigen, warten, essen und trinken, shoppen, parken und unzählige Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Die Dienstleister wiederum mieten und pachten Flächen, beschäftigen Personal, erzeugen ihrerseits eigene Waren- und Geldströme …
Der Passagier bringt das Geld ins System hinein. Nur davon lebt die Airport-City. Nur davon können Entgelte gezahlt werden.
Fracht geht nicht shoppen
Seit dem Frühjahr ist der Luftverkehr im Schnitt um 90% eingebrochen. Es kommen kaum noch Passagiere, und selbst die paar, die noch kommen, lassen kein Geld mehr da – Corona verhindert die normalerweise üblichen Möglichkeiten des Geldverdienens – kurz: Es kommt kein Geld mehr in das System hinein! Und kein Mensch weiß, wie sich die Lage noch entwickeln wird. Werden wir 2021, -22, -23 , -24 … überhaupt Luftverkehr haben? Und wenn, dann wieviel und unter welchen Umständen? Wer weiß das schon.
Retten, was zu retten ist
Es ging bei diesem Tarifvertrag nicht mal im Ansatz um die Frage, was wohl mehr zu verteilen sei – es ging um die Frage, das völlige Zusammenbrechen des Systems und Massenentlassungen bei den Flughäfen zu verhindern! Das ist – zumindest für die nächste Zeit – gelungen.
Die Frage „Wieviel mehr darf’s denn diesmal sein?“ stand objektiv nicht zur Debatte. Es ist leider ganz einfach: Der Geldgeber ist weg! Der fliegt nicht mehr, der hockt zu Hause, telearbeitet und und läßt seine Kohle statt beim DutyFree oder im Airbräu jetzt beim Pizza-Lieferdienst und Jeff Bezos! Daran kommen wir nicht vorbei, Leute!
Man kann aus einem objektiven Nichts keine Entgelte und schon gar keine Erhöhungen zaubern. Man kann nur verzweifelt versuchen, zu retten, was zu retten ist – das ist den Verhandlern beider Seiten diesmal gelungen. Es wird Einschnitte, aber eben keine betriebsbedingten Entlassungen geben. Alles andere wären in dieser Situation kindhafte Wunschträume gewesen.
Wir hoffen, es wird reichen, uns ALLE über die Krise zu retten.
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