Re-Starthilfe – ein paar erste Fragen und Antworten

Die Information ist mittlerweile in der Ratio angekommen – die Dinge liegen nicht besonders vorteilhaft und unschöne Folgeerscheinungen werfen ihre langen Schatten voraus. Es geht an’s Eingemachte – niemand wird sich wirklich der Hoffnung hingeben dürfen, davon nicht in irgendeiner Weise betroffen zu sein. Wir haben unsere Leute im Betriebsrat dazu befragt:

wehrdi.info:

Maria, viele Beschäftigte machen sich Sorgen, dass der Streit, der seit mehr als einem Jahr tobt, den Betriebsrat gerade in diesen schwierigen Zeiten schwächt und die Belegschaft dafür die Zeche zahlen wird. Was sagst Du dazu?

Maria:

Nur kurz dazu: Der Streit und die Mittel, mit welchen er ausgetragen wird, ist ekel- und auch irgendwie angsterregend. Einige Beteiligte verhalten sich in einer, einem Arbeitnehmervertreter völlig unangemessenen Art und Weise.

Der Betriebsrat hat trotz dieser Konflikte eine gute Kurzarbeitsvereinbarung hingekriegt. Das beweist, dass der BR arbeitsfähig ist, wenn es wirklich darauf ankommt. Als stellvertretende BR-Vorsitzende unternehme ich gerade viel dafür, den Austausch unter den Betriebsräten zu verbessern. Was mir große Sorgen bereitet, ist, dass diese unwürdigen Auseinandersetzungen uns auch gewerkschaftlich schwächen. Aber wir brauchen eine starke ver.di – insbesondere bei den Tarifgesprächen für Flughäfen oder zu den Ankündigungen des Arbeitgebers.

wehrdi.info:

Die Geschäftsleitung beteuert, Personalabbau ohne Kündigungen zu machen und kündigt an, die Werthaltigkeit und Strukturen aller Bereiche des Unternehmens überprüfen und optimieren zu wollen. Ist das eine Drohung?

Ralf:

Die Aussagen sind derzeit: Es finden keine Kündigungen statt, man will beim Personalabbau auf Freiwilligkeit setzen. Blöderweise haben wir das nicht verbindlich. Daher müssen wir alle zumindest aufmerksam beobachten, wie sich die Diskussion entwickelt. Und wir müssen hinterfragen: Wer ist gemeint? Gilt das für alle im Konzern? Oder „nur“ für die FMG und Aeroground? Wie lange und wie sicher ist das?
Ich sehe die Gefahr, dass man uns Beruhigungspillen verabreicht, um das Projekt durchziehen zu können. Und hinterher???

Also meine Erfahrung sagt mir: So klingt eine Drohung. Im Endeffekt geht es darum, Menschen – Kolleginnen und Kollegen – aus unserer Flughafenfamilie heraus zu bringen. Nun, in der Not zeigt sich, welchen wahren Inhaltswert dieser ständig betonte Begriff Familie“ wirklich hat. Um im Bild zu bleiben – in guten Zeiten halten wir als Familie zusammen, und wenn es eng wird, schaffen wir unsere unrentablen Familienmitglieder aus dem Haus … eine wahrhaft zutiefst christliche und soziale Einstellung.

Das alles klingt nach sehr viel Arbeit für den Betriebsrat, hoffentlich mit kräftiger ver.di­-Unterstützung.

wehrdi.info:

Die Geschäftsführung verspricht Transparenz und will das alles gemeinsam und in enger Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern machen. Wieviel weiß der Betriebsrat?

Thomas K:

Der Betriebsrat wurde bislang in zwei BR-Sitzungen informiert. Beim ersten Mal sehr oberflächlich, beim zweiten Mal, indem die geplanten Projekt-Themen gezeigt wurden. Außer dem Hinweis darauf, dass man Personalabbau durch Freiwillige und Frührente, Abfindungs- und Teilzeitangebote erreichen will, ist sehr wenig konkret. Es handelt sich dabei um Standardmittel bei Personalabbaumaßnahmen.
Wie viele Arbeitsplätze soll das betreffen? Die Antwort der GF lautet dann: Wissen wir noch nicht, wir stehen am Anfang des Sparprojekts.
Zur „engen Abstimmung“: Das klingt besser als es ist. Der Betriebsrat wird nicht gefragt, ob er einem Sparprogramm zustimmt. Die GF braucht den Betriebsrat aber, weil gesetzliche Mitbestimmungsrechte beim Regeln der Folgen bestehen. Und zur Transparenz: Ja klar, am Ende werden wir alle erleben, was Sache ist.

wehrdi.info:

Was droht bei einem „Restart“?

Murat:

Als Betriebsräte haben wir Erfahrungen mit solchen Schlagworten, wir können übersetzen: „Werthaltigkeit überprüfen“ heißt, alle und jede*r soll maximale Gewinne bringen – und wehe, wenn nicht. „Schnittstellen optimieren“ bedeutet: Alles wird durcheinander gebracht und am Ende sollen weniger Beschäftigte mehr Arbeit unter schlechteren Bedingungen erledigen. Und Diskussionen über „Unternehmensstrategie“ bedeuten wohl, dass Outsourcing, Tarifflucht oder die Schließung von Konzernteilen diskutiert wird.
Wie das bei dem konkreten Projekt „Restart“ wird, werden wir sehen, aber wir sind gewarnt.

wehrdi.info:

Was kann die Belegschaft tun? Im Zweifel entscheidet doch die Obrigkeit, was sie will…

Uli Feder – ver.di München:

Das ist leider richtig, das heißt dann Marktwirtschaft. Die Belegschaft kann sich aber wehren und für die eigenen Interessen eintreten. Das verhindert nicht, dass Aufsichtsräte und Geschäftsführungen entscheiden. Es kann aber die Bedingungen verbessern, unter denen etwa ein Personalabbau stattfindet. Wenn wir tariflichen Schutz erkämpfen, können wir Leitplanken aufbauen und so die Folgen für die Beschäftigten verbessern. Um aber im Bild zu bleiben: Den Straßenbau kriegen wir wahrscheinlich nicht verhindert.
Die Wahrheit: Dafür unterstützen uns noch deutlich zu wenige Beschäftigte und mancher schwächt neuerdings ver.di aktiv, aus Egoismus. Das ist ein Problem. Als Beschäftigte sind wir nur so stark, wie wir organisiert sind.

Darum unser Appell: Tarifverträge fallen nicht vom Himmel, sie werden durchgesetzt.

Organisiert Euch – werdet ver.di-Mitglied!